Kultur rund um die Knolle
Morceaux choisis
De Scott Evans, «The Irish Question», um 1880, The Art Institute of Chicago
Obwohl der amerikanische Maler zahlreiche Porträts und Genreszenen schuf, ist er der Nachwelt hauptsächlich durch seine Stillleben in Trompe-l’œil-Manier in Erinnerung geblieben. Die beiden dargestellten Kartoffeln und der Titel des Gemäldes verweisen vermutlich auf die Hungersnot, die Irland Mitte des 19. Jahrhunderts heimsuchte. Damals vernichtete die Kraut- und Knollenfäule einen erheblichen Teil der Ernten und entzog einem Grossteil der irischen Bevölkerung die Lebensgrundlage.
Vincent Van Gogh, «Die Kartoffelesser», 1885, Van Gogh Museum
Diese Darstellung eines Nachtmahls im Halbdunkel einer bäuerlichen Behausung ist das erste grosse Werk des niederländischen Malers. Es existiert in drei verschiedenen Ausführungen, die van Gogh im Vorfeld des Pariser Salons von 1885 ausführte. In einem Brief an seinen Bruder schreibt er, er habe den Gesichtern die Färbung einer «staubigen Kartoffel» geben wollen. Als wären sie aus der Erde gemacht, die sie täglich mir ihren Händen bearbeiten.
Adrien Missika, «Pour Agnès», 2019
Der Konzeptkünstler Adrien Missika, der zunächst an der Lausanner Hochschule für Kunst und Design studierte, bevor er nach Berlin übersiedelte, verweist mit dieser Schatulle auf die Filmemacherin Agnès Varda, die eine besondere Vorliebe für herzförmige Kartoffeln hegte. Eine Gebrauchsanleitung begleitet das Werk: Der oder die Besitzerin muss eine herzförmige Kartoffel finden, um die Schatulle zu «aktivieren» und die Knolle ausstellen zu dürfen. Sobald diese gekeimt hat – und noch bevor sie verfault – muss sie wieder in die Erde gebracht werden. Die Schatulle hingegen wird wieder verschlossen und wartet auf das nächste Knollenherz.
Ana Nuñez Rodriguez, «Cooking potato stories», 2020
Hinter einer Kartoffel steht für Ana Nuñez Rodriguez die Geschichte einer Knolle, die Zeit und Grenzen überwindet. Die spanisch-kolumbianische Fotografin beleuchtet die mit dem Nahrungsmittel verbundenen Vorstellungswelten unter dem Aspekt des kolonialen Erbes und zwischenmenschlicher Beziehungen.
Kollektiv «The patate artbook», 2022, Éditions Exemplaire
Der Patate Club («Kartoffel-Club») ist eine Gemeinschaft aus Künstlerinnen und Künstlern, die während der Corona-Pandemie entstanden ist. Er bietet kreativen Köpfen aller Couleur die Möglichkeit, sich über Themen rund um die Berufspraxis und die Vertretung von Interessen auszutauschen. Fünfzig von ihnen, darunter namhafte Illustrierende sowie Newcomer, haben zu diesem spannenden und umfangreichen Gemeinschaftswerk beigetragen.
Valerie Geissbühler, «Soft matter in interwoven worlds», 2023
Was wäre, wenn die Kartoffel ein Schlüssel wäre, um unsere Beziehung zur Natur zu überdenken? So lautet die Frage, der die Fotografin Valerie Geissbühler in ihrer Diplomarbeit an der École cantonale d’art de Lausanne (ECAL) nachgeht. Die Geschichten sind ineinander verwoben, der Lebenszyklus der Kartoffel steht als Metapher für unsere menschliche Existenz.
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